07 Aug
07Aug

Manchmal frage ich mich, ob der Japankäfer wirklich ein Problem in der Region ist – bei all den Ausnahmen und dem Wegschauen und ob es nicht vielmehr das System ist, das zu seiner Vermehrung beiträgt. Denn was ich als kleiner Gärtner zurzeit erlebe, hat mit Gleichbehandlung, Sachlichkeit und Koordination leider herzlich wenig zu tun. Dafür sehr viel mit Planlosigkeit, Wegschauen und einem erstaunlich kreativen Umgang mit Zuständigkeiten.Beginnen wir mit den Fakten:
Ich hatte dieses Jahr bereits zwei amtliche Kontrollen, besuchte eine Infoveranstaltung, halte mich an die Auflagen, dokumentiere, mulchabdecke, entsorge, verzichte. Ich tue alles, was verlangt wird – auch wenn ich es in Teilen für aktionistische Symbolpolitik halte. Wir versiegeln Flächen (wo dann noch eine Baubewilligung verlangt wird #anderesThema), bedecken Töpfe, bauen keine Gräser an, verkaufen die alten Bambus nicht mehr – aber hey: wir retten zusammen die Natur und ich bin dabei! Oder zumindest retten wir das Image der vom BLW, BAFU  und sichern ein paar Arbeitsplätze in Bern. Käme der Käfer in meine Kulturen, gäbe es gemäss BLV kein zugelassenes Pflanzenschutzmittel.Nun das kleine Problem:

Während ich meine Gräser entsorgen und meine Kunden vertröste, weil ich keine frischen Gräser verkaufen darf, feiert man in den umliegenden Gartencentern anscheinend fröhliche Japankäfer-Festspiele. Palettenweise Gräser, unbedeckte Grosstöpfe, unkontrolliert, uninformiert. Und die Käfer freuen sich: All-you-can-eat mit direktem Kundenkontakt, raus aus der Befallszone in die weite Welt. Gemäss aktuellstem Mailing vom Kanton sind die Eier nun gelegt. Parat für den grossen Umzug.Auf meine mehrfachen Hinweise antwortet der Kanton: Zuständig ist der Bund.
Der Bund: Zuständig ist der Kanton.
Und wenn man beide gleichzeitig anschreibt, wird es plötzlich ein Missverständnis. Na so was!Noch besser: Man fragt mich, um welche Gartencenter es sich handelt – weil man sie selbst in der Pflanzenpassdatenbank offenbar nicht findet. Also: Der Gärtner als Hilfspolizist, weil der Staat seine Kontrollpflichten nicht erfüllt. Nein, ich werde die offensichtlichen Grossverteiler nicht auflisten.  P.S. man könnte diese an einer Hand abzählen.Was mich besonders beeindruckt:
Die Argumentation, dass es in diesen grossen Gartencentern halt schwieriger sei, eine verantwortliche Person zu erreichen. Ernsthaft? Wenn ich als KMU einen Fehler mache, kommt die Verfügung eingeschrieben per Post – aber bei den Grossen reicht ein Schulterzucken und man ist wieder nicht zuständig?Das Ganze hat einen Namen: Behördlich organisierte Wettbewerbsverzerrung. Und wenn das Ziel sein soll, die regionalen Pflanzenproduzenten langsam aber sicher vom Markt zu drängen – dann gratuliere ich: Es funktioniert bestens. Mit Steuergeld, mit Verordnungen, mit Bürokratie, mit blindem Vollzugsgehorsam bei den Falschen – und erstaunlicher Nachsicht bei den Grossen.Das Merkblatt Nr. 20 vom BLW und BAFU gilt offenbar nicht für alle.Und am Ende des Mailings liest man dann:
„Wir bedanken uns für Ihre Unterstützung bei der Bekämpfung des Schädlings.“
Ich habe es versucht – nur ist niemand verantwortlich, ausser bei den kleinen Gärtnereien. Vor den Toren unserer Region bleibt es spannend, denn der nächste Schädling steht parat:Bereits in Zürich und Südbaden - die Baumwollkapseleule! Willkomme chleine Falter!

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